#FIFAcrime und der Journalismus. Über Langzeitrecherchen.

Na da schau her, sage noch jemand, Sportpolitik interessiere niemanden. So hört man es doch sogar in Qualitätsmedien ständig. Alles Unsinn. 1,3 Millionen Mal wurde mein Gespräch mit Tilo Jung bei Jung & Naiv zur kriminellen FIFA und zum Fußballbusiness bisher aufgerufen. Voilà!

Re-Published nach ein paar Monaten: Vorsicht, es sind knapp vier Stunden (inklusive Pipi-Pause) zur FIFA und zur WM in Katar. Stammgäste in diesem Theater können leichter folgen als die normale Zuseherschaft des wunderbaren politischen Talkformats Jung & Naiv.

Keine Angst, Tilo und ich streiten uns nicht, wir spielen nur. Es hat Spaß gemacht. Man kann es immer besser machen. (Immerhin hat das Video mehr als 1,1 Millionen Aufrufe inzwischen, im Sommer 2023.)

Es ist verrückt, auf dem Weg ins Studio befürchtete ich, kaum etwas rauszubekommen. Habe in den vergangenen Wochen nur gelesen und geschaut, all die Dokumentationen und Dokumente und Bücher. So viele Erinnerungen aus einem Vierteljahrhundert FIFA-Recherche, mittlerweile sind auch schon 19 Jahre seit meiner ersten Reise nach Katar vergangenen, als ich gemeinsam mit dem damaligen FIFA-Exekutivkomitee bei Mohamed Bin Hammam zu Gast war – mit Franz, mit Don Julio, mit Michel, Mit Sepp, Chuck, Jack the Ripper, mit Tricky Ricki und all den anderen Kameraden und Ganoven. Jedenfalls: So vieles schon vergessen. So viele wunderbare Episoden und Zitate, so viele Sachverhalte, manche Namen. Gleichzeitig kamen so viele Erinnerungen hoch, irre.

Es wurden knapp vier Stunden. Und als ich nach Hause fuhr, wurde mir klar, ich hätte acht weitere Stunden erzählen können, dabei aber ganz andere Geschichten bzw die große Geschichte in anderen Worten.

Gleichzeitig wurde mir einmal mehr klar in den vergangenen Wochen beim Graben im Archiv und im Gedächtnis, beim Trainieren der Synapsen: Die ganz große Geschichte ist zu viel für einen einzelnen.

Die lässt sich nicht nur in einen Buchdeckel oder in 90 Minuten und auch nicht in 4 x 90 Minuten TV pressen. Jeder, der in diesem FIFA-Business viel mitgemacht hat, kann und muss vor allem seine Version einbringen. Wenn er die belegen kann, umso besser. Wenn sich das mit Analysekraft paart, noch besser.

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Das macht ja zum Beispiel das Buch von Bonita Mersiades so herausragend: Bonita beschreibt in „Whatever it takes. The Inside Story of the FIFA Way“ am Beispiel der australischen WM-Bewerbung einen Aspekt des Systems FIFA so wunderbar. Und auch ihre Recherche ist längst nicht beendet. Vieles muss noch gesagt werden. Vieles konnte und durfte noch nicht gesagt werden.

Das bleiben alles Recherchen nicht nur eines Lebens, sondern etlicher Leben.

Ich kann meine Version der großen Geschichte ziemlich gut belegen, mit all den Höhen und Tiefen, mit all den schrägen Verwicklungen und Episoden. Vieles davon habe ich vor mittlerweile doch schon einigen Jahren in diesem Theater aufgeschrieben. Wir haben hier gemeinsam einigen Spaß gehabt, glaube ich. Was wir damals alle nicht wussten: Steve Berryman, jener Special Agent IRS von der Criminal Investigation Division, der ganz entscheidenden Anteil an den FIFA-Anklagen des Department of Justice in den USA hatte, hat hier mitgelesen, den Google-Übersetzer angeschmissen und jedes Dokument gesichert, das er finden konnte. Zum Beispiel diesen Text – FIFA-Whistleblower Chuck Blazer kassiert 9,6 Millionen Dollar (und mehr) -, den ich damals gemeinsam mit Andrew Jennings erarbeitet hatte.

Ohne unsere Arbeit wären es kaum zu den FIFA-Anklagen gekommen. Es waren einige Mosaiksteinchen.

Das bleibt.

Und im Magazin zu Ehren von Andrew Jennings äußern sich viele derjenigen, die daran Anteil hatten.

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