Münchhausen-Test (6): der Interview-Blödsinn von Volker Bouffier und Stefan Klett
Ein CDU-Rentner und DOSB-Sondervorstand (Bouffier) darf zur Olympiabewerbung und zur Sportmilliarde ungefiltert allerlei Nonsens behaupten. Neben Bouffier durfte auch CDU-Mann Klett (LSB NRW) im Deutschlandfunk halluzinieren. Flink einige Fakten und Einordnungen zur Sport-Propaganda.

Die Interviewritis ist bekanntlich ein Grundübel im real existierenden Journalismus in Deutschland, wo sogenannte Interviews in der verschriftlichten Form vom Gesprächspartner abgesegnet und dadurch in den meisten Fällen extrem geschönt/verfälscht werden. Ein Grund, warum Sie hier keine Interviews finden. Ich habe vor vielen Jahren damit aufgehört, nachdem mir zu viele IOC-Mitglieder und andere Top-Funktionäre und Politiker das Gesagte verfälschen wollten.
Ab in den Papierkorb damit.
Ich bewege mich da in der angelsächsischen Tradition, würde ich behaupten: gesagt ist gesagt. Punkt. Zudem: Die deutsche Interviewritis ersetzt fast immer Recherche. Und es wird immer schlimmer. Das macht es denjenigen, die ihre Propaganda verbreiten wollen, sehr viel leichter. Das war gestern Abend wieder im Deutschlandfunk zu bestaunen, wo ein DOSB-Rentner wie Volker Bouffier ein Abo auf Sendezeit zu haben scheint – und der DOSB Jungkader des Senders mit Journalistenpreisen ehrt.
Die Propaganda-Abteilungen von DOSB und IOC setzen, ein weiteres Beispiel, seit vielen Jahren auf den Springer-Konzern. Dort lässt es sich ganz fantastisch halluzinieren, es findet sich immer irgendein Stichwortgeber, dem die Fakten egal ist, der keine Ahnung hat, den Recherche nicht interessiert – meistens kommt alles zusammen.
Schauen wir uns das sogenannte Interview mit Bouffier an, der noch einige Wochen als gewiss gut bezahlter DOSB-Vorstand dilettieren darf, das kürzlich in den Springer-Publikationen Sport-Bild und Die Welt verbreitet wurde.
So viel Unsinn.
Hundertprozentige DOSB-Propaganda.
Ich kann leider nicht versprechen, es mit diesem Münchhausen-Test (lesen Sie gern die anderen) kurz und bündig zu machen. Details sind wichtig. Man muss die Dinge erklären. Diese Sport-Propaganda lässt sich nicht immer in einfache Kategorien wie richtig, falsch, Lüge, Halbwahrheit u.ä. fassen. Es sind Narrative. Da braucht es einige Worte, um alles halbwegs vernünftig einzuordnen.

Publikationen eines Konzerns, der die Gesellschaft spaltet und seit einem dreiviertel Jahrhundert mit Lügen Profite macht, werden von mir nicht verlinkt. Sollte Sie das Original interessieren, fragen Sie bitte Brother Google. Der DOSB und das Bundesinstitut für Sportwissenschaft haben in den vergangenen Wochen dieses Interview etliche Male verbreitet, in irgendeinem dieser Pressedienste finden Sie den Nonsens.
Let's go, erstes Beispiel:
Die Welt: Herr Bouffier, wie sehen Sie nach den Gesprächen mit dem IOC die Chancen einer deutschen Bewerbung?
Volker Bouffier: Das hängt von zwei Aspekten ab: Setzt die neue IOC-Präsidentin Kirsty Coventry den Weg ihres Vorgängers Thomas Bach und des Präsidiums fort und es gibt weiterhin eine Entscheidung eines überschaubaren Gremiums? Oder sagt sie, wir gehen wieder zurück in die Vollversammlung des IOC – mit all den Problemen, die in der Vergangenheit auch zu Ermittlungsverfahren wegen Korruption geführt haben? Wir würden uns freuen, wenn Bachs Weg beibehalten wird.
Münchhausen-Test:
Lustig wäre, wenn Thomas Bach dem DOSB-Vorstand die Frage übermittelte, mal eben derlei Ermittlungsverfahren zu benennen. Anyway, Bouffier weiß grundsätzlich nicht, worüber er redet. Der Stichwortgeber von Springer hat auch keine Ahnung und kann nicht gegensteuern. Bouffier verbreitet den Eindruck, die unter dem IOC-Präsidenten Bach eingeführte Praxis der Benennung von Olympia-Gastgebern beuge irgendwie Korruption vor.
Richtig ist:
- Die Vergabe Olympischer Spiele ist derzeit so intransparent wie seit vielen Jahrzehnten nicht. Bestes Beispiel: Brisbane 2032 – im Grunde hat Bach diese Sommerspiele an seinen besten IOC-Kumpel John Coates vergeben. Lesen Sie das alles gern nach. Wer derlei Sachverhalte nicht drauf hat, sollte weder öffentlich über Olympiabewerbungen reden, noch darüber berichten, noch sportpolitisch in diesem Metier arbeiten.
Falsch ist:
- … der Eindruck, den Volker Bouffier hier erwecken will, wonach die Entscheidung eines "überschaubaren Gremiums", in diesem Fall das IOC-Exekutivkomitee, irgendwie Korruption vorbeugen würde.
Wer sich jemals auch nur ein paar Minuten mit Korruption und Sportkriminalität befasst hat, weiß, dass es genau umgekehrt ist: Je kleiner das entscheidende Gremium, desto größer die Anfälligkeit für Korruption, desto größer die Gefahren. Das war, beispielsweise, der Grund, warum im ersten, maßgeblich von Mark Pieth erarbeiteten Reformpaket der FIFA (nach den korrupten WM-Vergaben an Russland und Katar) die Vergabe auf den Kongress übertragen wurde. Bis 2010 entschied das damalige FIFA-Exekutivkomitee.