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Bundesrechnungshof: Finanzierung von Stützpunkten "weitgehend im Blindflug"

Serie zur dysfunktionalen und intransparenten Leistungssportförderung in Deutschland, Teil 1: Die Olympiastützpunkte und was der Bundesrechnungshof in seinem Prüfbericht moniert. Ein Bericht, der bisher nahezu unbekannt blieb. Das BMI hielt es nicht für nötig, das Parlament darüber zu informieren.

Bundesrechnungshof: Finanzierung von Stützpunkten "weitgehend im Blindflug"
Bericht des Bundesrechnungshofes zur Bundesförderung von Olympiastützpunkten.

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Dass mehr Geld nicht mehr Medaillen bringt, haben inzwischen sogar viele Sportfunktionäre und Sportpolitiker begriffen. An dieser auf Fakten basierenden Erkenntnis mangelt es indes manchen Journalisten. Immer wieder ist so ein Quark zu lesen, wie gestern von der sogenannten ARD Radio Recherche Sport: "Kein Geld, keine Medaillen: Olympiastützpunkte am Scheideweg". Die Überschrift ist im Grunde eine Falschdarstellung und es ist ein Jammer, dorthin zu verlinken. Wo da Recherche sein soll?

Keine Ahnung.

So geht das ständig. Immer wieder kommt irgendein sogenanntes Qualitätsmedium um die Ecke, lässt irgendeinen Sportlobbyisten reden – das ist dieser faule, ahnungslose, recherche- und gedankenfreie she-said-he-said-Dschornalismus – und forciert denselben Nonsens: Wenn wir mehr Geld hätten, dann würde das schon klappen mit all den Medaillen, dann würde die Welt erzittern.

Ich hatte Ihnen im Spätsommer, sogar noch in einer Nachtschicht nach der Schlussfeier in Paris, zahlreiche Fakten zur Sportförderung, zu den tatsächlichen Sportfördermitteln und zum internationalen Vergleich präsentiert. Wer das liest, zuhört und kapiert, hat einen Wissensvorsprung – olympische Bildung:

Zahlen zur deutschen Spitzensportförderung: Fakten vs gefühlte Wahrheiten, Lügen und Propaganda
Sportpolitiker, Journalisten und Athleten argumentieren mit falschen Zahlen zu Sportfördermitteln. Nur 331 Millionen Euro (Haushaltsentwurf für 2025)? Tatsächlich ist die Leistungssportförderung doppelt so hoch - und die Medaillen-Effizienz gewaltig schlechter als beispielsweise in Großbritannien.
Podcast #1 zur intransparenten, ineffizienten Sportförderung, Beutegemeinschaften, mangelnder Professionalität, Medaillen-Prämien, Lord Coe und zum knausrigen IOC
Voilà, olympische Bildung: SPORT & POLITICS Podcast #1 zur Spitzensportförderung in Deutschland mit absoluten Experten: 153 Minuten mit Bernd Berkhahn, erfolgreichster deutscher Olympiatrainer des Jahrzehnts, sowie den Professoren Wolfgang Maennig (Olympiasieger) und Lutz Thieme. Viel Vergnügen!
Deutsche Sportförderung: im Dschungel der gewollten Intransparenz von BMI, SMK, SRK, SenInnSport und DOSB
Exklusiv: Wie Behörden Informationen verheimlichen und Daten zur Leistungssportförderung blockieren. Heutige Beispiele: die Propagandisten aus dem Bundesministeriums des Innern, die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport sowie die Sportministerkonferenz der Länder, von Bayern geführt.
Bundessporthaushalt 2025: Versäumnisse des Sports, Millionen für Chaos-Universiade in NRW und IOC-Mickys Reitprojekt
Einige Anmerkungen zum Sporthaushalt des Bundes für 2025, der nun steht. Wie sang einst Pippi Langstrumpf? “2 x 3 macht 4, Widdewiddewitt und drei macht Neune! Wir machen uns die Welt, Widdewidde wie sie uns gefällt …”

Ist schon wieder viel zu lange her, da blieb vieles liegen und muss aufgearbeitet und erklärt werden. Und deshalb mache ich eine lose Serie draus.

Freuen Sie sich auf viele spannende Dokumente.

Fakten.

  • Deutschland steht im internationalen Vergleich der öffentlichen Fördermittel ganz weit vorn.
  • In Deutschland fließen gewaltige Mittel in den Leistungssport, versickern und versanden allerdings, werden weder zielgerichtet noch effizient eingesetzt.
  • Kontrollmechanismen sind nahezu unbekannt.
  • Das gesamte System ist intransparent, so dass kein Player/Stakeholder alle Zahlen kennt.
  • Diese demokratiefeindliche Intransparenz dürfte sich mit dem Dazwischenschalten einer sogenannten Leistungssportagentur (irgendwann) rasant erhöhen.
  • In Deutschland haben sich die Fördermittel im vergangenen Jahrzehnt gewaltig erhöht, die Zahl der olympischen Medaillen aber (als Währung von den meisten sportpolitischen Playern anerkannt) sinkt stetig.
  • Die Olympiabewerbung wird vom organisierten Sport vor allem als gigantisches und langfristiges Geldbeschaffungsprogramm betrachtet, es sollen noch mehr Milliarden in undurchsichtige Kanäle gepumpt werden.
  • Werden Probleme allzu offensichtlich und können nicht unter den Teppich gekehrt werden, dann verorten der DOSB, Verbandsfürsten, Landessportbünde und die Sportministerkonferenz (SMK) die Schuldfrage reflexartig in Berlin: in der Sportabteilung des BMI, demnächst also in der Sportabteilung der Staatsministerin im Bundeskanzleramt.

Diese Themen werden wir in den kommenden Wochen in diesem Theater vertiefen. Auf geht's.

Olympiastützpunkte, das Stützpunktsystem, ein weites Feld, vor einigen Jahren erst reformiert (wobei die Grabenkämpfe all der vielen Duodezfürsten wirklich einschneidende Reformen verhinderten, wie immer), ohne dass sich etwas zum Guten geändert hätte – dabei sind die Gesamtzuwendungen des Bundes seither um mehr als 50 Prozent gestiegen.

Es ist nicht so, dass der sportpolitische Komplex Augen, Ohren und Hirne gänzlich verschließen würde. Im sogenannten Feinkonzept zur Nachsteuerung und Optimierung der Förderung des Leistungs- und Spitzensports in Deutschland einer Bund-Länder-Sport AG hieß es im September 2023:

Das Gesamtstützpunktsystem ist in Deutschland zwar grundsätzlich leistungsfähig, dennoch wurden folgende Schwächen identifiziert:

– Eine kohärente Gesamtsystematik vom Nachwuchs bis zur Spitze fehlt an vielen Stellen.
– Immer weniger potenzialreicher Nachwuchs (Athleten/Athletinnen und Trainer/-innen) kommt an den Bundesstützpunkten an ("Ausbluten der BSP").

Verschiedene Faktoren begünstigen diese Entwicklung:

– Ausstehende Rollenklärungsprozesse innerhalb der autonomen Strukturen des Sportes und eine unzureichende Möglichkeit der Umsetzung der Richtlinienkompetenz durch die Spitzensportverbände.
– Auf allen Ebenen fehlt es an gut ausgebildetem Managementpersonal.
– Territorial und regional geprägte sportfachliche und sportpolitische Partikularinteressen stehen in Konkurrenz zum gesamtstaatlichen Bundesinteresse.
– Die vereinzelt fehlende Partizipation der (Interessenvertretung der) Athletinnen und Athleten an Entscheidungsprozessen zu strukturellen Fragen.
– Eine fehlende einheitliche Datengrundlage und ein fehlendes sportfachliches und sportpolitisch getragenes Controlling.
– Die Qualität der Stützpunkte ist sehr heterogen ausgestaltet, eine Allokationseffizienz ist nur bedingt testierbar.
– Es fehlt an Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit.
– Hoher Bürokratieaufwand und eingeschränkte Flexibilität in der Finanzierung und Mittelallokation erschweren die optimale Ausgestaltung des Systems zusätzlich.

Rollenklärungsprozesse, Allokationseffizienz, kohärente Gesamtdynamik, Richtlinienkompetenz, Partikularinteressen – das sind natürlich alles ganz wunderhübsche Vokabeln.

Ich möchte diese Analyse gern mit einem Bericht des Bundesrechnungshofes ergänzen, der bislang völlig zu Unrecht übersehen wurde. Aber genau deshalb gibt es ja dieses Bildungsmedium SPORT & POLITICS: für alle, die es genauer wissen wollen.

Der Bericht skizziert in alarmierender Weise, dass Bundesmittel über einen sehr langen Zeitraum (seit 2010 flossen rund 750 Millionen Euro an Bundeszuwendungen an OSP und BLZ) vergeben wurden …

  • ohne klare Zielstellungen
  • ohne Erfolgskontrolle und entsprechende Indikatoren
  • völlig intransparent
  • ohne Differenzierungen in der Kaderstruktur (Bundeskader, Landeskader)
  • unter Ausschluss eines nachvollziehbaren, auf klaren Regeln basierenden Wettbewerbs …

… und dass das BMI seit einem Jahrzehnt den Forderungen des Bundesrechnungshofes nicht nachkommt.

  1. Das ist zum einen das Versagen demokratischer Kontrollgremien.
  2. Zum anderen, das sage ich immer wieder, ist diese regel- und kontrollfreie Förderung eine Abkehr von einem Grundprinzip des Sports – WETTBEWERB –, dem im real existierenden System im Grunde nur Athleten, kaum aber Verbände und Institutionen wie die Olympiastützpunkte unterworfen sind (schon gar nicht der DOSB als Dachorganisation).

Der BRH hat geprüft, ob im Rahmen der sogenannten Leistungssportreform von 2016 (verabschiedet auf dem DOSB-Konvent in Magdeburg) und des o.g. Konzepts des Jahres 2023 das BMI "die Förderung der Olympiastützpunkte zielgerichtet und wirtschaftlich ausgestaltet hat".

Spoiler: Der Bundesrechnungshof sagt natürlich nicht dümmlich, es müsse noch mehr Geld fließen, dann klappe das schon mit den Erfolgen.

Hier also einige ausgewählte Passagen aus dem Bericht des Bundesrechnungshofes vom Oktober 2024, den komischer Weise bisher sogar die besten Kenner und aufmerksamsten Beobachter übersehen hatten.

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